Unternehmensgestalter oder Preisdrücker?

Welche Rolle Einkäufer zukünftig übernehmen und warum es für einen erfolgreichen Einkauf Unternehmensgestalter braucht, erklärt Tanja Dammann-Götsch.

Als Tanja Dammann-Götsch Ende der 90er-Jahre ihre Karriere im Einkauf startete, war sie eine typische Preisdrückerin. Sie berichtet aus dieser Zeit: „Gut ausgebildet, dynamisch im schicken Business-Dress und mit Laptop unterm Arm, kam ich in die Besprechungen – die Zahlen, Daten, Fakten immer parat und bot so manch älterem Geschäftsführer Paroli.“ Genau diese Haltung wurde auch von ihr erwartet und noch heute seien viele im Top-Management der Ansicht, dass es exakt diese Art von Einkäufern braucht. Ein Erlebnis, das Tanja Dammann-Götsch damals hatte, brachte sie zum Umdenken, wie sie erzählt: „Zielstrebig ging ich an diesem Tag in den Meetingraum. Doch bereits nach ein paar Sekunden merkte ich, dass heute etwas anders sein würde. Mir gegenüber saß ein gestandener Geschäftsführer, der ein Unternehmen mit 200 Mitarbeitenden leitete. Allerdings wirkte er sehr nervös. Als damalige Preisdrückerin war ich auf alles vorbereitet – nur eben nicht auf Menschlichkeit.“ Als er dann noch offenbarte, er müsse Mitarbeitende entlassen, wenn kein Auftrag zustande käme, veränderte Tanja Dammann-Götsch ihre Strategie. In diesem Aha-Moment erkannte sie, dass sie jetzt als Unternehmensgestalterin gefragt war. Es gab keine Verhandlung, sondern ein Gespräch mit dem damaligen Geschäftspartner, um Lösungen und Alternativen zu finden. Auch wenn sie für ihr Verhalten Kritik einstecken musste, so war ihr auch klar, dass die Einkäufer einen Großteil zur Reputation des Gesamtunternehmens beitragen, und das wollte sie selbst gestalten.

Die sogenannten Preisdrücker oder Einkäufer von gestern, entlarvt Tanja Dammann-Götsch an bestimmten Merkmalen: „Hand aufs Herz, wie ist es in Ihrem Unternehmen. Haben die Einkäufer nur Excel-Tabellen im Kopf? Kennen sie das Endprodukt nicht und ist ihnen die Qualität herzlich egal? Wird zu teuer oder zu billig eingekauft? Kommt es im Einkauf immer wieder zu Konflikten mit anderen Fachabteilungen? Leiden die Einkäufer an Kreativlosigkeit? Haben die Einkäufer noch nie von Strategien gehört? Fehlen Sprach- und soziale Kompetenzen? Können die Einkäufer nicht präsentieren? Und ist der Verkauf in Ihrem Unternehmen wichtiger als der Einkauf?“ Wer zwei oder drei dieser Aussagen zustimme, sollte die Zukunftsausrichtung im Einkauf überdenken.

Eine Führungskraft, die beispielsweise feststelle, dass der Einkauf mit anderen Fachabteilungen Konflikte austrägt, solle Brücken bauen, statt Gräben zu ziehen. „Wenn Sie merken, dass Ihre Einkäufer schlechte Qualität einkaufen oder das Endprodukt nicht kennen, dann muss ein Aktionsplan her, der z. B. vorsieht, dass die Einkäufer direkt in die Produktion gehen und dort mitarbeiten“, rät Tanja Dammann-Götsch und empfiehlt ein stetiges Fordern und Fördern der Einkäufer.

Des Weiteren appelliert die Einkaufsexpertin, nicht den Verkauf an erste Stelle zu setzen, sondern gleichwertig zum Einkauf zu sehen. „Für das Top-Management und die Führungskräfte ist es wichtig, den Einkauf intern zu stärken. Es muss ein Umdenken auf allen Ebenen stattfinden, denn allzu oft wird der Einkauf allein gelassen und dient als Sündenbock für die anderen“, mahnt Tanja Dammann-Götsch. Selbstverständlich sei der Verkauf wichtig, da er die Kunden betreut, doch auch der Einkauf sei im Markt unterwegs. „Am Ende des Tages spiegelt sich das Verhalten der Einkäufer auch im Ruf des Unternehmens wider, welcher für die Kunden, gerade in Zeiten von Krisen, enorm von Bedeutung ist“, ergänzt die Einkaufsexpertin und gibt abschließend einen kurzen Überblick über den Einkauf in Zukunft: „Denke ich an den Einkäufer der Zukunft, sehe ich ein klares Bild. Er ist ein Manager seiner Warengruppe, übernimmt Eigenverantwortung, beherrscht interkulturelle Kommunikationsmethoden. Kurzum er ist ein Allrounder und ein Botschafter seines Unternehmens.“  

In ihrem persönlichen Blog greift Tanja Dammann-Götsch viele weitere Themen rund um den Einkauf auf und auch in ihrem Podcast bietet sie strategische Einkaufthemen zum Nachhören.


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